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Tagebuch vom Kilimanjaro

17.12.2008

WIR SIND UNTERWEGS

Eine lange, lange Reise, besser zuerst Anreise hat begonnen. Die Vorfreude steigt, doch wir wissen auch, dass die kommenden Stunden ermüdende sein werden. Gut 24 Stunden dauert der Trip von Münster/ Westfalen bis ins Hotel Springlands am Fuße des großen Berges, dem Kilimanjaro, unserem Ziel. Warum denn soooo… lange? Na, ja, mit dem Zug zum Flughafen nach Frankfurt, etwas Zeitreserve ist für’s einchecken auch noch eingeplant, dann der Flug mit Ethopien Airlines nach Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens, und zu guter letzt der Flug zum Kilimanjaro Airport in der Savanne Tansanias, und zu aller allerletzt noch die Busfahrt ins Starthotel nach Moshi.

Genau dorthin will ich Euch mitnehmen, ich, Joachim Wechner, der für unseren Partner, die Bergschule DAKS, diese Reise als Bergführer begleitet. Was will ich Euch in diesem Tagebuch näherbringen? Ihr sollt einen Eindruck bekommen von Tansania, diesem schönen Land mit seinen außergewöhnlichen Menschen und Naturparks, und Ihr dürft miterleben, wie sich unsere Gruppe Tag für Tag akklimatisiert, wie sich unsere Gruppe - wie ein Löwe in der Serengeti an seine Beute - an den Kilimanjaro, dem Hauptziel dieser Reise heranpirscht.

So jetzt beginnt bald der nächste Teil unserer Anreise, die Zugfahrt haben wir jetzt schon fast hinter uns, um 22:00 Uhr werden wir abheben in Richtung Süden. Wenn alles klappt, die elektronischen Buschtrommeln funktionieren, dann hört Ihr morgen wieder von mir.

Euer

Joachim Wechner

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18.12.2008

ANGEKOMMEN - „14 DeltaFoxHotel” als Wort des Tages

14 DeltaFoxHotel - „Das „Unwort” des Tages oder hat für uns Afrika einfach nur etwas früher begonnen? Es war wahrlich eine anstrengende Anreise. Maßgeblich daran beteiligt das Unwort des Tages, das sich mir wohl für den Rest meines Lebens einprägen wird. Im nachhinein weiß ich nicht, ob ich dies als negativ oder positiv für mich abheften soll. Ganz ehrlich, ich bin schon dabei, so wie ich eben bin, dies positiv zu betrachten. Ach so, ich vergaß - was ist denn 14 DeltaFoxHotel?

14 DeltaFoxHotel ist für Annika (meine Freundin), für Jochen (den mitfliegenden Teilnehmer) und für mich, Joachim (den Bergführer) reserviert. 14 DeltaFoxHotel bezeichnet die Plätze D, F, H in Reihe 14 der Boing 767-300 - die Reihe am Notausgang mit richtig viel Beinfreiheit. Ich als Schlitzohr und Vielflieger habe diesen Deal beim einchecken wieder einmal hinbekommen und ich war sichtlich stolz auf mich. Einer entspannten Reise stand nichts mehr im Wege!

Altgewohnt als allerletzte zum Boarding, mit einem breiten Smiling im Gesicht in Richtung 14 DeltaFoxHotel gesteuert. Oh, Schreck… …da sitzt ja schon jemand, altbekannte mitteleuropäische Tugenden ausgepackt, meinem Gegenüber meine Boardkarte vor das Gesicht gehalten - „sorry, this is my seat, mister”- mir entgegnet nur gelassenes Kopfschütteln. Zweiter Versuch - „sorry sir, this is my seat” - diesmal kam gar keine Reaktion mehr, ganz schnell wurde mir klar, hier ist etwas oberfaul. rasch sollte ich aufgeklärt werden: Die Besatzung des Fluges hatte kurzerhand freie Platzwahl erteilt, so war er dann dahin, der Sitzplatz in Reihe 14 DeltaFoxHotel und ich war angekommen in einer Maschine der Ethiopien Airlines, also war ich auch angekommen in Afrika, ab nun gilt…

…POLE, POLE… - Langsam, Langsam…

Es waren letztendlich die geplanten 22 Stunden Reise, über Addis Ababa, weiter nach Nairobi, nochmals weiter nach Kilimanjaro Airport und abermals weiter mit dem Bus nach Moshi ins Hotel Springlands. Da sind wir jetzt, angekommen am Fuße des Kilimanjaro, 35° im Schatten, jetzt ist erst einmal ausschlafen und Erholung angesagt.

Gääääääähhhhhhhnnnnnnn…

Melde mich morgen wieder.

Euer Joachim

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19.12.2008

SPRINGLANDS IN MOSHI

Spätestens seit heute wissen wir, warum das Hotel Springlands, unser Domizil vor und nach unseren Unternehmungen, den Namen „Quellenland” trägt. Ein kleiner Ausflug in das Umland des Hotels schuf bald die Gewissheit, dass sich hier nicht ein verträumter Investor einen klingenden Namen für sein Hotel ausgedacht hat, sondern dass es hierfür doch tatsächlich einen wahren Hintergrund gibt.

Mit unserem ortskundigen Elia machten wir uns auf, die Reisfelder in Hotelnähe zu suchen und schon nach wenigen Schritten wurden wir aus unserer durch die Hitze verursachten Lethargie gerissen, lautes Kindergeschrei - verhieß dies denn was Schreckliches? Bald war der Ort des Krachs und somit unser Ziel ausgemacht. Nichts wie hin und helfen. Bald standen wir da vor einer wilden Horde kleiner schwarzer Bengel und nichts war mit schrecklich, denn diese kleinen afrikanischen Jungs hatten sich die Springlands, im wahrsten Sinne des Wortes zur Quelle ihrer Freude gemacht, sie tobten in dieser durch Wasser vom Kilimanjaro gespeisten unterirdischen Quelle, in dem von hier aus beginnenden kleinen Bächlein. Dass sie es genossen, hörten wir unweigerlich an ihrem Gebrüll. Wir genossen den Anblick der fröhlichen Kinder, die immer während sich ins Wasser stürtzten und je mehr wir beim Zuschauen Spaß daran hatten, umso größer wurde der ihre.

So, und jetzt war auch klar: Wo es so viel Wasser gibt, da kann es auch Reisfelder geben, also weiter ging die Suche. Lange mussten wir nicht gehen, dann tat sich vor uns eine märchenhafte Landschaft auf, Reisfelder wie diese hatten wir hier in der Dürre so nicht erwartet. Saftiges grün, tausende Reispflanzen in seichtem Wasser, dazwischen schattenspendende Kokospalmen, malerisch und wie von Künstlerhand geschaffen. Balanzierend, von Damm zu Damm hüpfend und immer wieder staunend erforschten wir dieses Stückchen Land.

Ein schöner Akklimatisationstag, denn das ungewohnte Klima und die Hitze zwingen uns doch in die Knie. So sind wir froh, den Nachmittag mit etwas Siesta ausklingen lassen zu können.

Ab morgen wird es dann ganz schön spannend, wir starten für 4 Tage in die Serengeti, den Ngorongoro Krater und zum Tarangire See. Ob die elektronischen Buschtrommeln so weit reichen, werden wir sehen, sonst bekommt ihr zu Hause die geballte Info über diese Tierwelt und unseren Erlebnissen in ein paar Tagen.

Euer

Joachim Wechner

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20.12.-23.12.2008

SERENGETI - NGORONGORO KRATER - TARANGIRE NATIONALPARK

Vor knapp einer Woche ging es los, das Abenteuer Afrika und nun fehlt sie schon die Zeit als Begriff. Hier wird anders gerechnet. Zeit? Was ist das schon? Seit ich beginne, Afrika zu verstehen, wird mir bewusst, wie sehr ich zum Sklaven dieses Begriffs geworden bin. Wie oft hatte ich gesagt, „Dazu habe ich keine Zeit.” oder „So lange kann ich nicht warten.” Und hier? In Afrika gleicht die Zeit der Landschaft. Beide strecken sich vor mir aus, so weit mein Auge reicht.

Und so war es dann auch eine unheimliche zeitlose Weite in den weltbekannten Naturparks Afrikas, zuweilen ereilt einen das Gefühl einer nie da gewesenen Unendlichkeit, gefüllt mit dem unglaublichen Schatz einer besonderen Tierwelt.

Worte reichen nicht um dies hier alles zu beschreiben, deshalb gibt es von den vergangenen Tagen hier ein paar mehr Bilder für Euch zu Hause.

In den kommenden Tagen startet dann endgültig, das Bergprogramm mit dem zur Vorbereitung auf den Kilimanjaro geplanten 4.566m hohen Mount Meru. 4 Tage wird die Besteigung dauern, diese vier Tage bekommt ihr dann wieder „en bloc” ab dem 27.12.2008. Vielleicht steckt dann eine schöne Weihnachtsgeschichte darin.

Ich wünsche Euch allen schöne besinnliche Weihnachtstage und habt etwas mehr Zeit.

Euer

Joachim Wechner, Moshi / Tansania

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24.12. - 27.12.2008

MOUNT MERU, 4.566m

„A big piece on the way to Mount Kilimanjaro” - die Worte unseres Rangers vor dem Start zu unserem Akklimatisierungs-Abenteuer Mount Meru. 4.566m. Peanuts würde ein jeder meinen, „diese Höhe lässt sich im Schlaf wegstecken” - dieser von Alpenbergsteigern immer wieder gehörte Tenor. Na ja, kann ich da nur sagen - Greenhorns in Sachen Weltberge eben. Der Mount Meru mit seinen 4.566m wird es uns allen wieder einmal lehren. Unsere Gruppe, die ich auf den Kilimanjaro vorbereiten und letztendlich auch auf diesen führen darf ist mittlerweile vollzählig. Dies sind Kathrin Horn aus Darmstadt, Gudrun Kollmar aus Bremen, Annika Grüber aus Münster, Jochen Diederichs aus Worms, Nico Zimmermann aus Friedrichroda, Florian Schuck aus Berlin.

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24.12.2008

WEIHNACHTEN - Out of Afrika - 1. Tag am Mount Meru, 4.566m

Ein eigenartiger Ort, um das besinnlichste aller besinnlichen Feste zu feiern oder vielleicht endlich einmal die Gelegenheit, in die wahre Ruhe zu entfliehen. Na ja, eigenartig ist es schon, Weihnachten auf einer 2.500m in den weiten Afrikas gelegenen Berghütte zu verbringen. Nach einer fast zweistündigen Fahrt mit einem klapprigen, aber absolut zum Abenteuer passenden kleinen Bus, standen wir da am Fuße dieses riesigen, erloschenen Vulkans, 3000 Höhenmeter thront der Gipfel nun über uns, ein Höhenunterschied den wir Bergsteiger ansonsten mehr im Himalaya vermuten, doch Afrika macht es möglich. Und Afrika lehrte uns sogleich auch wieder, dass Pole, Pole (Langsam, Langsam) hier wohl Tansanias Volkswort Nummer eins zu schein scheint. Das einchecken am Momela Gate, dem Eingang zum Arusha Nationalpark, dauert seine Zeit, müssen doch ab jetzt zusätzlich zu uns sieben jetzt auch noch 14 Porter, 1 Waiter, 1 Cook, 1 Guide + 1 Ranger koordiniert werden. Um diese Mannschaft werden wir aber noch froh sein, denn diese ist wahrlich klasse.

Und, dann endlich der erste Schritt in Richtung Berg, nach wenigen Metern wissen wir dann auch, warum uns unser Ranger Joseph mit Waffe begleitet, wenige Meter von uns entfernt lauern sie, die Büffel, unweigerlich werden unsere Schritte etwas zaghafter. Bald trauen wir unseren Augen nicht mehr, zu den Büffeln gesellen sich Giraffen, Warzenschweine und Paviane - ein gigantischer Anblick. Weit weg scheint der Gedanke von den Bergen und doch geht es Schritt für Schritt - Pole, Pole auf dem Weg nach oben. Nach gut 4 Stunden haben wir sie dann erreicht, die Miriakamba Hütte, 2.500m: Unser Domizil für den Heiligen Abend.

Frohe Weihnachten- etwas zaghaft geht dies in die Runde - so richtig scheint es nicht zu passen hier, doch der fantastische Sternenhimmel hält Millionen von Weihnachtssternen für uns bereit.

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25.12.2008

1. WEIHNACHTSTAG - 2. Tag am Mount Meru, 4.566m

Weitere 1.000 Höhenmeter sollen es heute sein, Höhenmeter die in Abwechslung nicht zu überbieten sein werden. Durch dichten Regenwald geht es wie schon am Vortag in vielen, vielen Serpentinen bergan und immer wieder in jeder Lichtung wird versucht, einen Blick zu erhaschen vom afrikanischen Giganten, dem Kilimanjaro, der nicht nur dem Mount Meru gegenüber liegt, sondern in dem im Moment sämtliche Emotionen und Sehnsüchte liegen. Aber, aber, was ist denn das? Ein wenig Pochen in meinem Kopf, die Sonne vielleicht, vielleicht das ungewohnte Klima oder vielleicht doch schon die ersten Anzeichen von ungewohnten Höhen. Wer weiß, wer weiß, - ich weiß es - es sind diese immer wieder kehrenden Symptome, wenn es für länger Zeit in etwas höhere Lagen geht, noch nichts Bedrohliches, aber eben einmal da und nicht so sonderlich angenehm. Aber was ist denn das schon wieder? Wir werden deutlich langsamer, vielleicht müde von gestern, wer weiß, wer weiß, - ich weiß es - jetzt auf beinahe 3.500m über dem Meeresspiegel fehlen uns bereits 1/3 des gewohnten Sauerstoffgehaltes in der Atemluft und ab jetzt wissen und spüren wir alle, dass die Akklimatisationsvorgänge in unserem Körper begonnen haben. Na SUPER, dies kann ja heiter werden! Angekommen auf der Saddle Hut, 3.500m, haucht ein Gewitter auch noch seine geladene Energie aus, so bleibt uns der Akklimatisierungs-Spaziergang auf den Little Meru, 3.800m, versagt. Doch es bleibt uns mehr Zeit zum Erholen und Vorbereiten für den großen Tag. Den Gipfeltag, ein langer Tag, ein harter Tag aber auch „A big piece on the way to mount Kilimanjaro”.


Gesundheitlich sind wir alle fit - so und jetzt ist es 20:00 Uhr - Zeit für den Gipfelaspiranten, um ins Bett zu gehen - um 23:30 Uhr ist nämlich schon wieder Frühstück angesagt. Ja,ihr habt richtig gehört, um kurz vor Mitternacht.

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26.12.2008

GIPFELTAG - 2. WEIHNACHTSTAG - 3. Tag am Mount Meru, 4.566m

0:45 Uhr - 7 Stirnlampen leuchten sich gegenseitig an, sonst ist nicht viel zu sehen in dieser pechschwarzen Nacht. Viel ist nicht zu hören, einen jeden von uns drücken mehr oder weniger die kurze fast schlaflose Nacht, der etwas - wie sagte Gudrun - „matschige Kopf” und die 1000 vor uns liegenden Höhenmeter. 7 Stunden, sage ich noch, in 7 Stunden wisst ihr alle, warum ihr so früh aufgestanden seid, warum ihr euch diese Strapazen antut. Wir alle wussten es schon deutlich früher, nach 5 Stunden marschieren und klettern in stockdunkler Nacht entdecken wir den ersten Silberstreif am Horizont, bald wird daraus ein in allen Farben scheinender Himmel von zart blau bis glutrot und mittendrin als dunkle Silouette am Horizont in der Ferne das Objekt der Begierde, der Kilimanjaro, majestetisch und erhaben - unglaublich. Wir selbst sind auf unserem Weg zum Mount Meru schon weit voran gekommen, wenn auch nur mehr Pole, Pole, aber doch stetig steigen wir durch Schutt und über kleine, leichte Kletterpassagen dem Gipfel entgegen. Die dünne Luft auf jetzt über 4.000m schlägt gnadenlos zu, wirklich gnadenlos, viel, viel mehr als bei irgend einem 4.000er der Alpen. Wie, ihr glaubt nicht? Dann probiert es mal aus. Fast einen jeden quälen mittlerweile Kopfschmerzen, der Atem geht schwer, die Schritte werden langsamer. Nach fast 7 Stunden ist es dann soweit, für einen Moment scheinen alle Mühen, alle Wehwechen wie weggeblasen, es ist der Moment, an dem es für uns alle keine Möglichkeit mehr gibt, höher zu klettern, ein Moment des Glücks, das hier nicht beschreibbar ist - „Das Erreichen des Gipfels ist immer ein Fest.”

Wir alle 7 fallen uns glücklich in die Arme und genießen den Moment.

Noch weitere 7 Stunden Abstieg hinunter bis zur Miriakamba Hut tun am heutigen Tag das Ihrige, 14 Stunden auf den Beinen, was für ein Tag, es muss schon etwas Lohnendes sein, um sich dies anzutun, ich sage euch - lohnend war dies heute und nicht nur für heute, lange, lange Zeit werden wir von diesem Erlebnis, von diesen Ausblicken zehren.

27.12.2008

SPRINGLANDS / MOSHI

Die Seele baumeln ließen heute alle Teilnehmer und auch ich als Bergführer, die zwei Stunden Abstieg und damit auch der Abschied vom Mount Meru waren ein Genuss. Genuss war auch die erste warme Dusche und der Sprung in den Pool im Hotel.

Wir saugen den Komfort und die Bequemlichkeit geradezu auf, denn schon morgen geht es los, das Projekt Kilimanjaro und damit ihr schon einmal wisst, wo wir in den kommenden Tagen sind, hier eine kurze Vorschau. Die Details über unser Kili-Abenteuer dann wieder En Bloc ab dem 02.01.2008

28.12.2008 Marangu Gate - Mandara Hut 2.675m

29.12.2008 Mandara Hut - Horombo Hut 3.725m

30.12.2008 Horombo Hut - Mawenzi Saddle 4.200m - Horombo Hut

31.12.2008 Horombo Hut - Kibo Hut 4.700m

01.01.2008 Kilimanjaro (Uhuru Peak) 5.895m - Horombo Hut

02.012008 Horombo Hut - Marangu Gate - Hotel Springlands

Ich wünsche Euch schon einmal einen guten Rutsch ins neue Jahr! Bis 2009!

Euer Joachim

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28.12.2008-02.01.2009

KILIMANJARO, 5.895m

Das große Projekt beginnt, die Spannung steigt. Wir fühlen uns bestens präpariert, lautet doch der allgemeine Tenor hier unter den Kilimanjaro Guides: Wer den Mount Meru bestiegen hat, wird am Kilimanjaro nicht versagen, und doch bleibt sie, diese Ungewissheit auf dem Weg dorthin. Die Gewissheit, dass dieser Riesenkoloss eben über 5000m aus der ihm umgebenden Savanne herausragt, ein Höhenunterschied, der Seinesgleichen sucht - ein Gigant eben. Die Marangu Route soll es sein, gemeinhin auch als „Coca Cola” Route verschrien, die vermeintlich leichteste Route am Berg. Die Abmahnung der Einheimischen folgte prompt - „Climbing is climbing”, auch auf dieser Route! Wir alle freuen uns darauf und wir freuen uns auch darauf, auf der Route dem Erstbesteiger aus dem Jahre 1889, dem legendären Professor Hans Meyer zu folgen. 4.000 Höhenmeter auf 42 Kilometer Strecke warten auf uns.

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28.12.2008

DER REGENWALDGÜRTEL - 1. Tag am Kilimanjaro, 5.895m

Schon das Registrationsprozedere am Marangu Gate, 1.840m, erinnert mehr an große Expeditionen vergangener Tage als an eine Bergfahrt der Moderne. Doch es tut gut, das Gefühl zu haben, hier passiert jetzt etwas ganz Besonderes. Auch wenn wir hier nicht alleine sind, sind wir auf dem Weg zu einem einzigartigen Berg mit einem einzigartigen Mythos. Die ersten Schritte tun gut, die spürbare Spannung löst sich und schon bald sind wir umhüllt vom undurchdringlichen Regenwaldgürtel. Geheimnisvoll das Ächzen der sich im Wind bewegenden Bäume, allerorts wie einst Tarzan sich von Baum zu Baum schwingende Mantelaffen und Meerkatzen. Der Urwald spendet Schatten, angenehm lässt es sich höher steigen, wohltuend das saftige Grün. Nur eines drückt uns heute bitter, wir sind spät, sehr spät. Nicht etwa, dass das Tageslicht nicht reichen könnte, oh nein, viel schlimmer, etliche Gruppen waren vor uns gestartet, die begehrten Schlafplätze in den kleinen norwegischen Nurdachhäusern in Gefahr - uihhh, uihhh… Steht uns denn etwa eine Nacht im Massenlager auf den Mandara Huts, 2.665m, bevor? Der Gedanke davor graut mir, wir sind flott unterwegs, die Mount Meru Akklimatisation wirkt, trotzdem sind wir zu langsam, um Plätze gut zu machen. Es muss eine Lösung her. Ich als Bergführer grüble, wie bekomme ich für meine netten Gäste hier noch eine kleine komfortable Hütte. Ein Gedankenblitz - ein Wettkampf mit unserem Assistent Guide Davis - kann ein einheimischer tansanischer Bergführer wohl einen Tiroler Bergführer im Berglauf schlagen? Ich hole mir von meinen Kunden die Genehmigung für diesen Zweikampf, den komfortablen Schlafplatz als Belohnung für alle im Auge und schon geht es los. Schwarz gegen Weiß, bald muss ich merken, dass ich der schwächere von uns beiden bin, bald merke ich aber auch, dass Davis mich verschont und mich nicht gnadenlos kaputtläuft. Wir schaffen einen Schnitt von ca. 1.000 Höhenmeter die Stunde, wir schaffen aber vor allem die allerletzte noch freie komfortable kleine Hütte. Einem netten Hüttenabend nach dieser Regenwaldetappe steht somit nichts mehr im Wege.

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29.12.2008

IM REICH DER HEIDE UND SENECIEN - 2. Tag am Kilimanjaro, 5.895m

Ganz, ganz nah scheint er zu sein, der Kibo, der Gipfel des Kili, als wir aus dem Dickicht des Regenwaldes in die steppenartige Vegetation mit Riesensenecien hinaustreten. Wir sehen ihn zum ersten Male ganz nah und doch wissen wir um die Ferne unseres Zieles. Wir merken jetzt aber auch ganz schnell, dass wir zu den fittesten am Berg gehören. Klasse, dieser Programmaufbau mit Höhenanpassung am Mount Meru. Die ersten Höhenkranken lassen nicht lange auf sich warten, selbst die Einradtrage mit leblosem Höhenopfer kommt uns bald entgegen, wir schütteln den Kopf ob solcher Unvernunft und sind stolz auf unser seriöses Akklimatisationsprogramm. Scheinbar ohne Mühen wandern wir hinauf, wir genießen, staunen und schauen und wir sind heute die ersten, die auf den Horombo Huts, 3.725m, einen Schlafplatz beziehen. Mit Blick hinunter in die endlose Weite der Savanne. Wir merken, wir sind auf dem richtigen Weg, selbst der abendliche Spaziergang ran an die 4.000er Marke macht uns Spaß, es macht Freude auf mehr, auf viel, viel mehr.

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30.12.2008

AKKLIMATISATION KONTRA DOPING IM BERGSPORT - 3. Tag am Kilimanjaro, 5.895m

Ein Ruhetag zur besseren Akklimatisation, na, ganz Ruhetag wird es wohl nicht sein, ohne ein bisschen Bewegung geht es bei uns schon nicht mehr. Ein Spaziergang zum Mawenzi Sattel, 4.300m, soll uns den letzten Schliff in Richtung Gipfelsturm geben. „Wie, schon wieder Akklimatisation? Ihr ward doch schon auf dem Mount Meru”, ernten wir ein ungläubiges Kopfschütteln anderer. „Wir ziehen dieses Ding hier in fünf Tagen ab!”, so werden wir da und dort als „Weicheier” belächelt. Aber halt, halt, wir sind hier unterwegs „by fair means”. Während sich das Gros der mit uns kletternden Kilimanjaro Aspiranten offen und ohne irgendwelche Gedanken oder gar Scheu Medikamente bis zum geht nicht mehr hinein knallt, um die Symptome ihrer Höhenkrankheit in den Griff zu bekommen, setzen wir auf seriöse, langsame Akklimatisation. Dabei ist das Medikament Diamox hier in aller Munde, es ist für uns ein Graus und dennoch Stolz auf unsere eigene Leistung zugleich.

DIAMOX - IN ALLER MUNDE

Diamox wird als Notfallmedikament empfohlen. Als Notfallmedikament wohlgemerkt. Wir Trekking- und Expeditionsleiter müssen leider mit ansehen, wie dieses Medikament bereits zur Akklimatisation prophylaktisch eingenommen und, noch schlimmer, von zahlreichen Führern sogar auch noch empfohlen wird, um die Höhenanpassung des Organismus zu erleichtern und eine Höhenkrankheit auszuschließen. Ursachen für die Höhenkrankheit sind jedoch ein zu schnelles Aufsteigen in große Höhen sowie eine zu frühe starke körperliche Belastung. Die Höhenmediziner Berghold und Schaffert warnen: Bestehen bereits Symptome und man steigt trotzdem weiter, kann eine Verschlechterung des Zustandes durch Diamox nicht verhindert werden. Im Falle einer anschließend ernsthaft eintretenden Höhenkrankheit spricht die Notfallmedikamentierung durch Diamox nicht mehr an. Die prophylaktische Einnahme von Diamox ist also äußerst zweifelhaft - medizinisch wie sportlich - und auch unnötig. Denn ein Akklimatisationszeitplan muss mit oder ohne diese Pille eingehalten werden.

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31.12.2008

SILVESTER AM BERG - 4. Tag am Kilimanjaro, 5.895m

Wir tauchen ein in die Alpine Stufe des Berges. Durch die rauhen klimatischen Bedingungen weicht die letzte Vegetation einer Steinwüste. Wir passieren den „Last good waterpoint” und setzen uns ab heute Temperaturschwankungen von tagsüber bis zu 35°C und nachts deutlich unter 0°C aus. Wir steigen aber auch heute auf zur Kibo Hut,, 4.700m, und damit auf eine absolute Höhe, die für uns alle neu ist, noch nie während dieser Reise waren wir so hoch. Wie wird dies wohl sein? Bewusst langsam wird dieser Tag angegangen, POLE, POLE steigen wir auf, mächtig baut sich nun der riesige Gipfelaufbau vor uns auf, nochmals weit mehr als 1.000 Höhenmeter. Lavafelder in verschiedensten Farben, dazwischen glitzerndes Gletschereis, stahlblauer Himmel und uns. Uns geht es gut, wir haben in den vergangenen Tagen alles richtig gemacht, haben uns akklimatisiert, haben uns geschont und sind gesund geblieben. Jetzt fehlt nur noch das I-Tüpfelchen. Um 23:00 Uhr wird geweckt, ein bisschen Kopfschmerz ist beim ein oder anderen aufgetaucht, sonst ist alles SUPER - etwas Maisbrei zum Frühstück und schon geht es hinaus in die dunkle Nacht am Kilimanjaro.

PUNKT 0:00 Uhr geht es los - Prosit Neujahr, Happy New Year, was für ein Jahresbeginn. Eine einzelne Rakete steigt in den Himmel - der Startschuss quasi.

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01.01.2009

NEUJAHR AM UHURU PEAK - 5. Tag am Kilimanjaro, 5895m

Nach kurzen Glückwünschen und Umarmungen geht es los, Schritt für Schritt, wieder einmal POLE, POLE. Der Wettergott meint es gnädig, die Nacht ist kalt, so bis ca. -15°C. Jedoch ist es windstill, das macht es angenehm. Wie Glühwürmchen machen sich die vielen Bergsteiger aus, die sich in vielen, vielen Serpentinen in Richtung Kraterrand hinaufbewegen. Wir kommen langsam, dennoch stetig und gleichmäßig voran, kurze Pausen unterbrechen unseren stetigen Rhythmus. Die Spannung steigt mit der höher kriechenden Müdigkeit, mit der immer größer werdenden Kurzatmigkeit, mit der Länge der dunklen Nacht. 4 Stunden steigen wir nun schon in Richtung Sternenhimmel, die 5.000m Marke ist längst geknackt, der Gilmans Point 5.750m, der Punkt, an dem wir den Kraterrand erreichen werden, immer noch fern. Immer mehr drückt die lange und kalte Nacht auf unsere Gemüter, ich merke dies, sehne den Tag herbei und da, endlich, dieser Silberstreif am Horizont, der den nahenden Tag ankündigt, und bald schon verwandelt die Sonne als Feuerball den Himmel in alle Farben. Ein klein wenig das Gefühl von Wärme schenkt sie uns, vor allem aber lässt sie unsere Herzen wieder höher schlagen an diesem Neujahrstag, jetzt, so nahe dem Ziel, das in der Ferne schon sichtbar ist. Es sind noch schwere, harte 1 ½ Stunden, ehe am Gipfel des Kilimanjaro, 5.895m, dem Uhuru Peak, die Emotionen und Gefühle in die ein oder andere Träne ausbrechen. Es sollten die zweiten Glückwünsche und Umarmungen an diesem Tage werden, die gesamte Truppe geschlossen am 01.01.2009 um 07:30 Uhr, auf dem höchsten Berg Afrikas. Ein ganz besonderer Jahresbeginn, ein Jahresbeginn, den ein jeder von uns sein Leben lang mitnehmen wird.

Der Rest ist jetzt schon wieder Geschichte, mit einer gehörigen Portion Euphorie und Glück erreichte das gesamte Team wieder das Hotel Springlands in Moshi.

Damit endet diese kurze Geschichte, dieses Tagebuch vom Weg zum Kilimanjaro. Vielleicht reizt diese Geschichte den ein oder anderen, einmal das zu wagen, was schon immer sein Traum war.

Eine Reise hinaus und hinauf zum Schnee am Kilimanjaro!

Euer

Joachim Wechner

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DIE HAUPTDARSTELLER

Die Hauptdarsteller dieser Reise, nämlich die Teilnehmer, sehen Sie hier in Kurzporträts und mit Zitaten.

Kathrin Horn

Eine Pädagogin aus Mühltal. Sie vergaß am Mount Meru dem Bergführer mitzuteilen, dass sie diesen ja gar nicht besteigen wollte. So hatte sie hinterher zum Glück auch noch diesen Berg in der Tasche. Nach einer Safarireise in Tansania im Jahr zuvor, bei der sie den Kilimanjaro nie gesehen hatte, war klar, hier muss sie noch einmal hin und einmal rauf. Sie kam, sah und bestieg ihn - den Klimanjaro.

Ihr Zitat: Diese Reise war nicht nur ein Urlaub für mich. Es war eine Herausforderung: Ich wollte den höchsten Punkt Afrikas besteigen. Ich wollte an den Ort, den ich vorher nur von oben aus dem Flugzeug bestaunen durfte. Dass dies kein Spaziergang werden würde, war mir klar. Der Berg hat es mir nicht leicht gemacht. Aber ohne die Mühen, die der Aufstieg mit sich brachte, hätte ich auch nicht dieses Glücksgefühl empfinden können, als ich es tatsächlich geschafft hatte. Und dieses Gefühl wird mich noch lange begleiten.

Nico Zimmermann

Der Beamte aus Friedrichroda. “Ich muss da rauf, komme was wolle!” Er hatte mit dem Pole, Pole - Langsam, Langsam - der Einheimischen am wenigsten Probleme.

Sein Zitat “Über Jahre hinweg habe ich nicht gewagt, den Wunsch zur Besteigung des Kilimanjaro auszusprechen bzw. mir es einfach nicht zugetraut. Nun habe ich alle Kraft zur Verwirklichung dieses Wunsches investiert und habe auf dem Weg zum Gipfel meiner Träume einen fantastischen Motivator und nette Gruppenbegleitung gefunden. Der Rausch der absoluten Glückseeligkeit, die fantastischen Bilder und meine Gefühle am Uhuru Peak sind für immer im Gepäck des Lebens eingeschnürt. Ganz besonderen Dank möchte ich Joachim aussprechen!”

Annika Grüber

Die Juristin aus Münster und Profisportlerin der Gruppe. Damit nicht genug, auch noch die Freundin des Bergführers, die absolute Bergziege mit dem Hang zum Radsport, den sie mehr oder weniger professionell betreibt. Doch auch sie spürte letztendlich: Die Luft ist dünn am Kilimanjaro.

Ihr Zitat: Mein Gepäck ist auf dem Hin- und Rückflug in etwa gleich geblieben. Aber meine persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse sind um einige mehr geworden - all’ die Eindrücke des faszinierenden Afrika.
Ein neuer Kontinent…,
ein neues Land…,
ein neuer Berg…,
eine neue Liebe!

Florian Schuck

Unser Manager und Talkshowmaster aus Berlin. Es konnte nicht warm genug und die schönen Rastpausen konnten nicht lang genug sein. Ein Genießer also und Shootingstar: Vor kurzem den Bergsport für sich als Leidenschaft entdeckt, besteigt nach dem Teide auf Teneriffa mit dem Kilimanjaro seinen zweiten Berg.

Jochen Diederichs

Der Ingeneur in der Truppe aus Worms und gleichzeitig erfahrener Höhenbergsteiger. Stark wie ein Bär und immer einen Spruch auf den Lippen - wie “When you dont climb it -drink it” in Anlehnung an das leckere Kilimanjaro Lager.

Gudrun Kollmar

Die zweite Pädagogin der Truppe aus der Hansestadt Bremen, zum runden Geburtstag sollte er sein der Kilimanjaro. Die vielgereiste Dame hatte den Berg jederzeit im Griff und sich damit ein großes Geburtstagsgeschenk erfüllt.

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